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Deutsche Tafelmalerei des Spätmittelalters am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg – Datenbank jetzt online verfügbar

Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg hat sich in den letzten 10 Jahren zu einem Kompetenzzentrum in der Erforschung spätmittelalterlicher Malerei entwickelt. Die umfangreiche Sammlung des Museums umfasst etwa 250 Gemälde des 13. bis 15. Jahrhunderts aus dem gesamten deutschen Sprachraum, darunter Meisterwerke von Stefan Lochner, Konrad Witz, Hans Pleydenwurff und dem jungen Albrecht Dürer. Im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte konnte ein Großteil der Gemälde in den letzten Jahren grundlegend kunsttechnologisch und kunsthistorisch untersucht werden. Die Ergebnisse zu den Werken aus Franken und den Regionen Westdeutschlands (u.a. Köln, Westfalen, Oberrhein) sind jüngst in gedruckten Bestandskatalogen publiziert, ein weiterer Katalog zu den Werken aus Bayern, Österreich und Südtirol ist aktuell in Bearbeitung.

Zur Datenbank des Projekts https://tafelmalerei.gnm.de/

 

Die umfangreichen Forschungsdaten aller bisherigen Untersuchungen werden nun in einer reich bebilderten Datenbank der breiten Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Community zur Verfügung gestellt. Herzstück der Datenbank ist das hochaufgelöste Bildmaterial, bestehend aus mehr als 2000 Gesamt- und Detailfotos der untersuchten Gemälde. Hinzu kommen technologische Aufnahmen wie Röntgenbilder, Infrarotreflektogramme und technologische Kartierungen aller Bilder. Die zahlreichen technischen Aufnahmen stellen eine einzigartige Materialbasis für die künftige Erforschung spätmittelalterlicher Tafelgemälde dar.

Mithilfe eines speziellen Open-Source-Bildviewers, dem Mirador-Viewer, können verschiedene technologische Aufnahmen eines Gemäldes im direkten Vergleich nebeneinander betrachtet und in paralleler Ansicht in die Aufnahmen hinein gezoomt werden. So kann man beispielsweise das ausgeführte Gemälde der in der Infrarotaufnahme sichtbar gemachten Unterzeichnung gegenüberstellen, wodurch der Betrachter im Detail Veränderungen zwischen zeichnerischem Entwurf und malerischer Ausführung nachvollziehen kann. Zudem ist über den Mirador-Viewer auch eine direkte Gegenüberstellung der Werke des GNM mit Objekten in anderen internationalen Sammlungen möglich (sofern diese über ein IIIF-Manifest verfügen).

Alle in der Datenbank vorhandenen Werke können nach Künstler, Datierung, Auftraggeber oder Herstellungsort gefiltert werden. Eine Suche nach Gemälden mit Wappendarstellungen oder Inschriften ist ebenfalls möglich, wie auch Auftraggeber*Innen bzw. Stifter*Innen einzelner Werke recherchiert werden können. Auch das Sortieren des Materials nach funktionellen Objektgattungen wie Retabel, Epitaph oder Porträt ist durchführbar. Die Filterfunktion ermöglicht es außerdem, noch spezifischer nach einzelnen Bestandteilen von Retabeln zu suchen, etwa den Flügeln oder Predellen. Die Datenbank bietet zudem Rekonstruktionen größerer Altaraufbauten, deren einzelne Gemälde einst demontiert wurden und sich nun weltweit in unterschiedlichen Museen befinden. Eine Karte verzeichnet die früheren Standorte dieser Werke – in der Regel Kirchen oder Kapellen.

Über den Suchfilter können sogar spezielle Herstellungstechniken abgefragt werden. So ist es bspw. möglich, nach Angaben zur Konstruktion der Holztafeln oder zu Blattmetallauflagen und Verzierungstechniken zu filtern. Ein Musterkatalog zeigt mehr als 100 Umzeichnungen von Mustern z.B. der gravierten Goldgründe oder Pressbrokatauflagen. Zugleich ist vermerkt, wenn identische oder ähnliche Muster auf unterschiedlichen Gemälden zum Einsatz kamen. So werden Arbeits- und Transferprozesse innerhalb spätmittelalterlicher Werkstätten besser nachvollziehbar.

Die Datenbank zur spätmittelalterlichen Tafelmalerei am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ist damit nicht nur eine Ergänzung zu den gedruckten Bestandskatalogen, sondern bietet in ihrer Fülle an Bildmaterial und technologischen Informationen eine reichhaltige Ressource für das Studium spätmittelalterlichen Kunstschaffens.

https://tafelmalerei.gnm.de/

 

Autorin: Judith Hentschel

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