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What an ugly mess. To hell with it

Survival Guide Bildrechte nach oben

Ich werde immer wieder gefragt, wie es um die Rechteklärung von Kunstreproduktionen im Internet bestellt ist. Meine erste Antwort darauf: rechtlich gibt es keinen Unterschied zum Druck. Dass manche Museen trotzdem mehr Geld dafür verlangen, steht auf einem anderen Blatt. Ich komme darauf zurück.

 

Aber da ich in dem Feld kein Spezialist bin, verweise ich eigentlich lieber auf diejenigen, die sich hier entschieden besser auskennen. Dazu gehört z.B. Klaus Graf, dessen einführender Beitrag hier schon mal wesentliche Dinge klärt. Und auch folgendes Buch empfehle ich gerne, auf das ich ebenfalls erst durch eine Rezension (zu einem anderen Buch) von Graf aufmerksam geworden bin: Susan Bielstein, Permissions. A Survival  Guide. Blunt Talk about Intellectual Property (University of Chicago Press 2006). Zwar ist es eher auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten (und adressiert das Internet nur am Rande), aber trotzdem lehrreich und im übrigen mit einer solchen Verve und Spritzigkeit geschrieben, dass die etwas dröge Materie richtiggehend spannend wird. Der Titel meines Blogbeitrages ist übrigens diesem Buch entnommen (S. 49). Er kennzeichnet die Genervtheit einer Autorin, die bei der University of Chicago Press für eben diese Rechteklärung zuständig ist. Genervtheit über eine Situation, die erstens kompliziert und von dem Geldeintreibewillen unterschiedlichster Agenten geprägt ist, die aber vor allem so unübersichtlich ist, dass sie insgesamt prohibitiv wirkt.

 

Ich schlage hier mal einen Weg vor, der versucht, pragmatisch mit den Schwierigkeiten umzugehen.

 

1. Grundsätzlich sollte man zusehen, ob man nicht das Zitatrecht anwenden kann, das nach deutschem Urheberrecht keine finanzielle Abgeltung des Rechteinhabers mit sich bringt. Das Tolle daran: Es gilt auch für Werke lebender oder noch nicht 70 Jahre toter Künstler. Allerdings: Die Bedingungen sind hier aus naheliegenden Gründen restriktiv. Die natürlich parteiische VG Bild-Kunst schreibt:

 

"Der Umfang des Zitats muss durch den Zweck gerechtfertigt sein. Für die Nutzung von Werken der bildenden Kunst bedeutet dies, dass die Werke vollständig, aber so klein wie möglich abzubilden sind. Wenn Bilder farbig abgedruckt werden, sollte die Farbigkeit möglichst auch Gegenstand der Erörterung im Text sein. Rein illustrative Abbildungen ohne eigene Belegfunktion können nicht unentgeltlich verwendet werden."

 

Nach meinem Verständnis heißt das, dass eine Abbildung so sein muss, dass sie es erlaubt, eine Argumentation nachzuvollziehen. Wenn ich über eines der Sprichwörter in Brueghels Sprichwörterbild schreibe, dann muss die Reproduktion ziemlich groß sein (Ausschnitte zu reproduzieren ist hier auch nur bedingt ein Ausweg, weil das von den Rechteinhabern gerne einmal nicht erlaubt wird, vgl. die zitierte Formulierung). Andersherum: Wenn ich ein Werk nur am Rande oder in einem Satz behandele, dann kann es auch kleiner sein. Das Gleiche gilt für die Farbe. Und ganz wichtig: Wenn ich gar nichts Konkretes zu dem Werk sage, bilde ich es gar nicht ab.

 

Die Lehre, die hieraus zu ziehen wäre, betrifft vor allem Doktoranden, die ihr erstes (und meistens letztes) Buch häufig zu einem Kronjuwel ausgestalten und möglichst viele (farbige) Abbildungen seitenfüllend unterbringen wollen. Man sollte sich immer die Frage stellen, ob das wirklich notwendig ist (wenn man nicht sowieso viel Geld hat). Das betrifft sowohl die Farbe, als auch die Größe, als auch die Notwendigkeit einer Reproduktion überhaupt. Lieber sparsam mit dem Bildmaterial umgehen, andererseits auf das Zitatrecht durchaus pochen, wenn dessen Bedingungen erfüllt sind. Ob das bei Werken funktioniert, die man beim Künstler selber oder dessen Rechtevertreter anfragen muss, weil man ansonsten an keine befriedigende Reproduktion herankommt, dürfte vom Verhandlungsgeschick abhängen. Bei marginaler Bedeutung eines Werkes reicht vielleicht manchmal auch der Verweis auf eine Veröffentlichung an anderer Stelle - so vorhanden.

 

2. Wenn nicht das Zitatrecht im Spiel ist (darauf aber hat man aus den genannten Gründen selber einen großen Einfluss), muss vor allem die Regel berücksichtigt werden, dass Reproduktionen nach Werken von Künstlern, die länger als 70 Jahre tot sind, grundsätzlich dann gemeinfrei und kostenlos nachzudrucken sind, wenn es sich um Flachware, also Bilder und Graphik handelt. Bei dreidimensionalen Vorlagen (Skulptur, Architektur, Kunsthandwerk) können Photographenrechte entstehen, die zu vergüten sind. Diese Rechtsauffassung ist nicht ganz unumstritten, aber man kann sich auf sie berufen. Allerdings ergibt sich (wiederum) dort ein Problem, wo man die Reproduktion in einer Sammlung bestellen muss, also keine schon einmal gedruckte Vorlage wiederverwenden kann. Museen nämlich neigen dazu, den Preis für solche Vorlagen ziemlich hoch anzsetzen, so hoch, dass er nicht mehr nur mit dem Aufwand für die Produktion der Abbildung zu rechtfertigen ist, sondern aus der Tatsache begründet wird, dass dieses Museum die Rechte für die Abbildung besitze. Auch wenn das nach dem eben Gesagten nicht stimmt: Was will man machen, wenn man nur dann die Abbildung geliefert bekommt, wenn man die Forderung begleicht? Selbst wenn man sich auf das erwähnte Zitatrecht beruft, wird ein Museum wohl sagen, dass die Gebühren für die Herstellung der Abbildung gedacht sind.

 

Auch hier versuche ich eine Lehre zu ziehen. Wenn eine alternative Abbildung des gewünschten Werkes schon gedruckt ist, sollte man überlegen, ob eine Reproduktion danach nicht ausreichend ist. (Achtung, ich meine die Flachware) Das hängt natürlich von der Bedeutung des Werkes im Argumentationskontext ab, aber in den meisten Fällen dürfte die bestmögliche Qualität, die sich bei Reproduktionen nach Reproduktionen zwangsläufig nicht einstellen kann, wirklich nicht notwendig sein. Wenn man auf eine Vorlage aus dem Museum angewiesen ist, sollte man zunächst darauf verweisen, dass man keine Gewinnabsichten hat (was bei den in der Wissenschaft üblichen Auflagen leicht zu beweisen ist), und zweitens sollte man sich nicht mit dem zuerst genannten Preis zufrieden geben. Bei hinreichend ausgeprägter Freundlichkeit in der Anfrage dürfte hier einiges drin sein. Also handeln wie auf dem Basar. Eine Halbierung des Ausgangspreises ist hier durchaus möglich, wenn nicht mehr. Dasselbe gilt auch für die unselige Tendenz der Museen, für online-Abbildungen höhere Gebühren zu verlangen, denn der für diese entstehende Arbeitsaufwand ist ja museumsseitig der gleiche. Auch hier wieder sieht man, dass an dieser Stelle Rechte beansprucht werden, die entschieden zweifelhaft sind. Denn nur mit dem Verweis auf Urheberrechte kann man die Höhe der Auflage ins Feld führen, also die weltweite Verbreitung des Internets. Erneut dürfte Freundlichkeit oberste Maxime sein. Der Verweis auf die eigene Bedürftigkeit sollte entschieden zielführender sein als der Hinweis darauf, dass das Museum an dieser Stelle gar keine Rechte besitzt. Denn solche Konfrontationshaltung führt meistens nur zu Verhärtungen.

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