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Medienkunst?

Als Redakteurin der Kategorie 'Medienkunst' erscheint es mir angebracht, die Blogeinträge mit einigen Überlegungen zum Begriff selbst zu beginnen, denn schon der Begriff der Medienkunst ist sehr umstritten. Daher im Folgenden zur Einstimmung ein paar der gängigsten Argumente:

 

Jegliche Kunst ist Medienkunst!

Versteht man 'Medienkunst' als Gattungsbezeichnung, so ist dieser Einwand von der reinen Wortbedeutung her richtig, geht es doch jeglicher Kunst um Darstellung / Präsentation und damit 'Vermittlung' - dafür bedarf sie der verschiedensten Medien. Um diesem Problem aus dem Weg zu gehen wird zur Präzision dessen, was nichtsdestotrotz die meisten ohnehin mit dem Begriff assoziieren - nämlich Kunst, die sich technischer, elektronischer Medien bedient - z. B. im Englischen von 'new media art' gesprochen. Leider verlagert diese Lösung das Problem aber auch nur auf einen anderen Begriff (wann und wie lange sind Medien neu?).

 

Medienkunst ist tot!

Dieses Argument fusst vor allem darauf, dass 'Medienkunst' als Genrebegriff wiederum oft stark einschränkend zur Bezeichnung einer Kunstbewegung verwendet wird, die ihren Höhepunkt in technisch aufwändigen Virtual Reality-Installationen der 1990er Jahre gehabt habe. Ihr wird der Anspruch nachgesagt, als neue (letzte) Avantgarde die wahre, dem Informationszeitalter angemessene Kunstbewegung gewesen sein zu wollen. Sei es aufgrund vermeintlich mangelnder künstlerischer Qualität oder aufgrund mangelnder gesellschaftlicher Einflusskraft habe dieser Anspruch jedoch versagt. Medienkunst sei damit eine vergangene Episode, Medien seien gleichzeitig selbstverständlicher Bestandteil des künstlerischen Spektrums geworden (vgl. Stefan Heidenreich: Medienkunst gibt es nicht, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 27.01.2008, online unter http://www.mail-archive.com/rohrpost@mikrolisten.de/msg02075.html)

 

Medienkunst ist Kunst über Medien!

Diese Gleichsetzung von Medienkunst mit den interaktiven Installationen der 1990er Jahre wird von anderer Seite als "rhetorischer Kniff der Kritiker" enttarnt, "der dazu diente, das gesamte Feld medienkünstlerischer Praktiken pauschal zu entlarven" (Inke Arns: Und es gibt sie doch, in: Hartware MedienKunstverein 1996 - 2008 , Boenen 2008, online unter http://www.mail-archive.com/rohrpost@mikrolisten.de/msg02238.html). Stattdessen bringe die große Vielfalt künstlerischer Strategien, die sich mit unseren zeitgenössischen Medien auseinandersetzten, viele qualitätvolle Arbeiten der Medienkunst hervor. Allerdings ist hier wiederum zu fragen, ob die Definition von Medienkunst als 'Kunst über Medien' der Sache gerechter wird: schließlich sind es in erster Linie die spezifischen Charakteristika, die aus dem künstlerischen Einsatz von Technologie und Elektronik resultieren, die eigene Analysemethoden erfordern, und nicht die Reflexion von Medien durch Kunst. Allerdings ist tatsächlich zu beobachten, dass überdurchschnittlich viele Projekte, die technologische Medien einsetzen, dies auf eine reflektierende, oft selbstreferentielle Weise tun.

 

Schon der Begriff der Medienkunst wirft also eine Fülle an Fragen auf, die hoffentlich in diesem Blog diskutiert werden. Es soll hier nicht ein bestimmtes Verständnis von Medienkunst verteidigt werden, sondern es sollen generell künstlerische Strategien vorgestellt werden, die eine Herausforderung für die Kunstgeschichte darstellen, aufgrund ihres prozessualen Charakters, ihrer Technologie-Affinität, ihrer Multimodalität - Charakteristika, die die Grenzen dessen sprengen, was traditionellerweise als Bildende Kunst und damit als Gegenstand der Kunstgeschichte angesprochen wird.

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