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Piratenpartei

Die Diskussionen um die soeben abgeschlossene Europawahl kreisen um das blamable Abschneiden der SPD. Dabei ist die eigentliche Sensation anderswo zu lokalisieren: In Schweden hat die Piratenpartei 7 % der Stimmen auf sich vereinigen können, in der Bundesrepublik immerhin 1 %. Für eine Partei , die gerade mal 3 Jahre existiert, ist das bemerkenswert. Gerade weil sie technologiefreundlich ist, fordert sie die Transparenz von Datenerhebungen ein und propagiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie strebt zudem eine Reformierung des Urheberrechtes im Sinne des öffentlichen Interesses an. Und sie kämpft gegen undurchschaubare Machtstrukturen im Sinne einer Demokratisierung des öffentlichen Lebens. Kurz: Die Piratenpartie setzt das Projekt der Aufklärung gegen alle Defätisten durch, die darin einen Triumph der Entmenschlichung erblicken.

 

Was hat das mit der Kunstgeschichte zu tun? Eine Menge! Wer im Bereich der Kunst des 20. Jahrhunderts arbeitet, weiss, wie schwierig (und teuer) es ist, geeignetes Abbildungsmaterial zu veröffentlichen. Durch den urheberrechtlichen Schutz von Werken, die von Künstlern und Künstlerinnen stammen, die vor weniger als 70 Jahren gestorben sind,   wird praktisch die gesamte Kunstgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts erheblich behindert. Eine Reduktion dieser Sperrfrist - wie sie von der Piratenpartie gefordert wird - würde die Nutzungsrechte des Künstlers (oder besser: seiner/ihrer Erben) beschränken, aber das Recht der Gemeinschaft auf die Nutzung eines Erbes, das vom Kontext genauso abhängt wie vom persönlichen Genie, entschieden befördern

 

Die Linke sollte vielleicht mal darüber nachdenken, die Schlachten der Vergangenheit ad acta zu legen und ihr Interesse auf einen Bereich zu verlegen, der ihr gewöhnlich suspekt ist - also den der elektronischen Medien im allgemeinen und den des Internets im besonderen.

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