dahblog.arthistoricum.net

Millennium Park Chicago I: Crown Fountain

Der 2004 eröffnete Millennium Park ist Teil des Grant Park, eines großen städtischen Parks mitten in Chicago.

Dieser ist - ähnlich wie der New Yorker Central Park -  umgeben von imposanten Hochhäusern und gleichzeitig Standort des Chicago Art Institute mit seinem erst kürzlich eröffneten Modern Wing.

 

Der Millennium Park (Plan) bietet eine äußerst gelungene Verschmelzung von Stadtplanung und Kunst im öffentlichen Raum, bildenden und performativen Künsten, Natur und Kultur - und ist zudem ein gutes Beispiel dafür, wie fließend die Grenzen der Medienkunst zu allen oben genannten Aspekten sein können.

 

Die Crown Fountain

 

Im engeren Sinne als Medienkunst (im öffentlichen Raum) würde man wohl nur die Crown Fountain des spanischen Künstlers Jaume Plensa bezeichnen: zwei etwa fünfzehn Meter hohe hochrechteckige Quader aus Glasbausteinen, über die stetig Wasser fließt,  stehen sich im Abstand von etwa 70 Metern in einem flachen Wasserbecken gegenüber. Die beiden sich gegenüberstehenden Flächen fungieren als LED gesteuerte Videobildschirme. Sie zeigen wechselnde Videos von Gesichtern in Großaufnahme, die sich somit anzuschauen scheinen. Plötzlich öffnen die Gesichter unvermittelt ihren Mund und eine Wasserfontäne schießt hervor, die eine Weile anhält, bevor sich der Mund wieder schließt und das Gesicht verblasst, um von einem neuen abgelöst zu werden (hier ein Video). Es wundert wenig, dass sich dieser Brunnen schnell zum beliebten Treffpunkt und Wasserspielplatz entwickelt hat.

 

Plensa referiert nach eigener Angabe mit den medial inszenierten Fontänen auf die alte Tradition der als Menschen oder Tiere gestalteten Wasserspeier und Brunnenfontänen, machte jedoch für die Gesichter Videoaufnahmen von 1000 Chicagoer Bürgern.

Die minimalistischen Quader erscheinen vor der imposanten Kulisse der Stadt wie Hochhäuser im Miniaturformat. Ihre Gesichter wirken damit nicht nur wie Modelle zukünftigen Medienfassaden, sondern erwecken auch die Assoziation von personifizierter Architektur, die vor und mit den Chicagoer Bürgern ihr Spiel treibt.

Wie auch bezüglich der weiteren Projekte des Parks wird hier sicher nicht eine hochintellektuelle, politisch oder sozial brisante Kunst im öffentlichen Raum geboten, wie sie etwa Hans Haacke und Andreas Siekmann oder die Sozialprojekte der so genannten Art in the Public Interest vertreten. Vielmehr handelt es sich um durchaus massentaugliche Angebote der öffentlichen Freizeitgestaltung im Stadtraum, die dennoch keinesfalls platt oder oberflächlich bleiben - können sie doch nicht nur als sozialer Treffpunkt, sondern auch als Kommentar zur multikulturellen Gesellschaft und architektonischen Gestaltung ihrer Stadt verstanden werden.

Genauso selbstverständlich wie hier  Kunst im öffentlichen Raum und Unterhaltung eine Verbindung eingehen, werden dabei elektronische Medien eingebunden. Der Brunnen ist ein Beispiel von programmiertechnisch vielleicht unspektakulärer aber technisch perfekter und robuster Medienkunst, die wahrscheinlich immer weniger überhaupt als solche wahrgenommen wird, weil eben die mediale Inszenierung unserer Umwelt und damit auch von künstlerischen Projekten  immer alltäglicher wird.

In Kürze mehr zu weiteren Projekten des Parks...

0 Kommentar(e)

Kommentar

Kontakt

Kommentar

Absenden

dahblog.arthistoricum.net und Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte

Die Digitale Kunstgeschichte bloggt ab sofort unter dahblog.arthistoricum.net.
Hier kommen Sie zurück zum Netzwerk des Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte.