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Bildersuchmaschinen
Texte zu identifizieren, die das Internet gespeichert hat und für uns bereit hält, ist fast zur alltäglichen Gewohnheit geworden. Mit beunruhigender Präzision arbeiten inzwischen auch Suchmaschinen für Musik, man kann etwa in seinen Rechner mit gewissem Erfolg eine Melodie hineinsingen. Vor Jahren noch eine Utopie: ich halte mein Telefon gegen einen Lautsprecher, die Musik wird identifiziert und Sekunden später habe ich sie bereits heruntergeladen oder die CD ist bestellt. Dass diese Entwicklung von kommerziellen Interessen befördert wird, versteht sich von selbst.
Vergleichbares hat man für Bilder bis vor kurzem vergeblich gesucht. Nutzt man die Bildsuche in google, picsearch oder ähnlichem, dann merkt man schnell, dass hier offenbar Algorithmen zugrunde liegen, die zunächst der Texterkennung dienen: auf der Suche nach einem Porträt werden das Cover des Buchautors oder andere lustige Bilder identifiziert, die das Internet namentlich mit der Person verbunden hat. Die neueste Version von iPhoto stellt jetzt zum ersten Mal der breiten Nutzung Techniken der Bilderkennung zur Verfügung, die für Sicherheitsbehörden oder die Forensik bereits seit Jahren Standard sind, mit denen über einen längeren Zeitraum experimentiert worden ist, und über die seit langem geforscht wird. Vergleichbare Funktionen der Personenidentifizierung bieten Picasa oder der von der schwedischen Firma Polar Rose entwickelte Dienst, der mit Flickr und Facebook verwoben ist. Die entsprechenden Diskussionen in Internetforen oder ein kluger Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 26. Februar 2009 über iPhoto berichten vor allem von amüsanten Misserfolgen – der Quantensprung, den das Internet als Bildmaschine oder Dienstprogramme hier erreichen, bleibt dabei zumeist außer Acht. Denn insgesamt begleiten wir zur Zeit eine Entwicklung, die für die Kunstgeschichte als Bildwissenschaft von höchster Relevanz ist; inwieweit das Fach hier selbst agiert, bleibt abzuwarten.
Wirklich eindrucksvoll und der mir bislang einzig bekannt gewordene Versuch, eine umfassende ‚image search engine’ zu programmieren, die den Namen auch verdient, ist tineye: die Bilder werden hochgeladen und Sekunden später hat man das Resultat – oder eben nicht. Die Lucca-Madonna des Jan van Eyck erkennt das Programm ohne Probleme, ja sogar ein selbst im Museum fotografierter Bildausschnitt, die Karaffe mit der Spiegelung in der rechten Nische, wird identifiziert (mit der Grafik des Meisters mit der schlüsselförmigen Hausmarke tut sich tineye dagegen schwerer, auch Kennerschaft und Stilgeschichte werden gewiss selbst auf lange Sicht nicht entmachtet). Gerade die Qualitäten, mit einem distinkten Fokus umgehen zu können, lassen den Dienst wirklich hilfreich werden, die Strahlenkranzmadonna in der Landshuter St. Martinskirche wird sogar erkannt, wenn sie aus einem Blickwinkel fotografiert ist, der nicht im Internet als Bild gespeichert ist, vergleichbares gilt für Architektur. Offenbar ist es den Programmierern gelungen, ein Produkt zu entwickeln, dass in Bildern zu denken scheint. Google ist bei weitem nicht so leistungsstark, immerhin gibt es hier - worauf mich Klaus Graf hinweist - das schöne tool, im Netz nach ähnlichen Bildern zu suchen. Tineye liefert diese Referenzen quasi automatisch.
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- digitale kunstgeschichte, Theorie und Methode
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