dahblog.arthistoricum.net

Volontariat: Karrierebeginn oder billiger Arbeitskraftersatz?

Der klassische Weg, vom Studium in den Beruf zu kommen, sofern eine Museumskarriere angestrebt wird, ist immer noch das Volontariat. Der bislang eher theoretisch ausgebildete Kunsthistoriker soll in den Bereichen Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln sowie Management und Verwaltung jene praktische Erfahrung sammeln, die als Voraussetzung gilt, eine Laufbahn in Museum oder Denkmalpflege einzuschlagen, so jedenfalls lauten die Richtlinien des Kulturausschusses der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (http://www.museumsbund.de/index.php?id=109). Doch nicht selten werden Volontäre als kostengünstige Mitarbeiter eingesetzt, um das wachsende Arbeitsaufkommen in den Museen und Kunsthallen zu bewältigen. Dieses zeigt schon der Anstieg der neu geschaffenen Volontärstellen an deutschen Museen: 1992 waren es 261, 2002 bereits 416 Stellen und 2007 zählte man ca. 600, während die wissenschaftlichen Arbeitsplätze immer mehr eingespart wurden (Quelle: http://www.smb.museum/smb/media/collection/16334/ExpertiseForkel.pdf, S. 12). Wenn Volontäre weniger als 9 Euro brutto pro Arbeitsstunde bekommen, bei ihnen aber vorausgesetzt wird, dass sie in der Regel promoviert und möglichst schon im Ausstellungsbetrieb praktisch erfahren sind, dann muss doch bezweifelt werden, ob hier wirklich eine Ausbildung angestrebt werden soll oder ob der Erfolgsdruck gegenüber den Geldgebern – nämlich viele, großartige, publikumswirksame Veranstaltungen zu organisieren – den Museen abverlangt, diesen Weg zu gehen.

 

Eine Verbleibstudie unter den Volontariatsabsolventen 1998 bis 2008 von Bettina Volk (Arbeitskreis Volontariat im Deutschen Museumsbund) nennt Zahlen, die zwar nicht repräsentativ sind (da die Rückmeldung vorwiegend von Personen kam, die noch im Museums- oder Wissenschaftskontext arbeiten), aber doch interessante Tendenzen aufzeigen. So erweist sich, dass die Befragten zu 74,8 % ihrer Arbeitszeit in der Ausstellungsorganisation tätig waren, was ein Licht auf die Einhaltung der oben genannten Ausbildungsempfehlungen wirft. Erstaunlich ist dagegen, dass 70,3 % angaben, sofort nach dem Volontariat eine Anschlussstelle gefunden zu haben. Dass diese allerdings oftmals nur eine temporäre war, belegt der häufige Stellenwechsel nach dem Volontariat von mehr als der Hälfte der Befragten (2 bis 4 Stellen). Bedauert wird von den Absolventen, dass das Volontariat keine Voraussetzung ist für eine Museumskarriere, der Nutzen aber durchaus vorhanden ist, wenn jeweils über 40 Prozent angeben, dass Kontakte und Arbeitserfahrung aus jetziger Perspektive von Vorteil waren.

 

Der erste Teil der Studie von Bettina Volk erscheint in wenigen Wochen in den „Mitteilungen des Deutschen Archäologen-Verbandes“, Heft 2, Oktober/November 2009. Der zweite Teil, der die Kommentare der Befragten auswertet, wird in der „Museumskunde“ veröffentlicht.

0 Kommentar(e)

dahblog.arthistoricum.net und Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte

Die Digitale Kunstgeschichte bloggt ab sofort unter dahblog.arthistoricum.net.
Hier kommen Sie zurück zum Netzwerk des Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte.