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Cave lectorem

Gar köstlich ist das Essay von Peter Sloterdijk, publiziert im aktuellen SPIEGEL (Heft 49/11, S. 124ff.), das aus einer Rede entstammt, die der Philosoph an der Uni Bayreuth anlässlich der Tagung „Plagiate, Wissenschaftsethik und geistiges Eigentum“ - die FAZ berichtete - Ende November gehalten hat. Auch wenn der Vergleich mit Thomas Manns Gestalt Felix Krull im Hinblick auf zu Guttenberg schon vielfach bemüht wurde, gibt Sloterdijk dem Ganzen Tiefsinn. Am meisten amüsiert habe ich mich über folgenden Satz: "Es gehört zu den Feinheiten der deutschen Hochschulsprache, dass sie das Ansammeln von beglaubigten Leistungen im Lauf eines Studiums geradeheraus als Scheinerwerb bezeichnet - was insofern als terminologisch wertvoller Hinweis zu würdigen ist, als zwischen einer authentischen Kompetenz, was immer das sein mag, und einer umfassenden Simulation derselben Kompetenz kein essentieller Unterschied nachzuweisen ist."

 

Später bringt er eine Anekdote, in der Peter Weibel, ZKM Karlsruhe, einen eigenen Text zur Theorie des Sammelns in einem Katalog eines Kunstsammlers unter dessen Namen wiederentdeckte. Der für den Einleitungstext "gegen sehr gutes Honorar" beauftragte Kunsthistoriker-Ghostwriter hatte aus Zeitmangel den Auftrag "gegen geringes Entgelt" einen studentischen Ghostwriter weitergereicht, der sich im Netz am Weibelschen Text bedient hatte. Das hätte wahrscheinlich niemand gemerkt, wenn nicht Weibel sich die Mühe gemacht hätte, diesen Text zu lesen. Sloterdijk rät daher zu lesen, um dem akademischen Plagiieren Einhalt zu gebieten. Um unser Fach "rein" zu halten, sollten wir das beherzigen. Das gilt für Doktorarbeiten wie auch für Katalogtexte, wobei ich die Kunstgeschichte grundsätzlich für weniger gefährdet halte, denn egal wie abwegig ein Thema ist, es gibt immer jemanden, den es interessiert. Das ist bei Jura und Betriebswirtschaft vielleicht nicht immer der Fall.

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