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Für lau der Presse zuarbeiten?

Immer häufiger erlebe ich Folgendes: Kaum dass ich bei einer Einführungsrede zu einer Ausstellungseröffnung mein letztes Wort gesprochen habe, schon steht ein Journalist neben mir und macht Anstalten, mir die Blätter mit meinem Redetext direkt aus der Hand nehmen. Ob er wohl meine Rede haben könne? Meine Ablehnung trifft meist auf völlige Überraschung. Die Argumentation, dass der Text dazu überarbeitet werden müsse und zum Teil nur stichwortartig vorliege, wird nicht akzeptiert. Ja, ob ich nicht dann heute Abend den Text per E-Mail schicken könnte?

Nun, ich begreife ja, dass die kleineren Zeitungen sparen wollen und die Pressevertreter der Regionalberichterstattung nun oft mehrere Jobs und Themengebiete gleichzeitig bearbeiten müssen. Da mutiert dann gerne der Fotograf zum Kulturjournalisten. Überdies ist die Bezahlung schlecht, und sie müssen sehen, dass sie möglichst in kurzer Zeit einen Bericht verfassen, um auf einen halbwegs angemessenen Stundensatz zu kommen.

Freilich habe ich Verständnis für diese Zwangslage, besonders wenn der Veranstalter nicht in der Lage war, vorab umfassende Presseinformationen vorzulegen. Aber müsste man nicht eigentlich von einem professionellen Journalisten erwarten können, dass er mitschreibt? Und warum befragt er nicht die anwesenden Künstler? Wenn man der Quelle so nah ist, sollte man diese doch konsultieren!

Eine Einführungsrede zu einer Ausstellung wird ja in der Regel vergleichsweise schlecht bezahlt (wenn man sich nicht mit einem Direktoren- oder Professorentitel schmücken kann). Das Honorar jedenfalls rechtfertigt meistens bei weitem nicht den zeitlichen Aufwand, den man in Form von Bibliotheks-, Ausstellungs- und Atelierbesuchen betreibt.

Lässt man sich dann breitschlagen, investiert vielleicht noch Zeit für die Überarbeitung und reicht den Text weiter, helfen im schlimmsten Fall auch nicht die Hinweise auf das Copyright, es wird hemmungslos aus der Rede abgeschrieben, ohne Zitate als solche kenntlich zu machen. Alles schon erlebt! Daher weigere ich mich nun standhaft, es sei denn, es war mit dem Veranstalter verabredet und dann muss sich das auch im Honorar niederschlagen.

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