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Überproduktionskrise

Wissenschaftler/innen produzieren zu viel scroll to top

Die von scharfsinnigen Konservativen wie Jürgen Kaube von der FAZ immer wieder aufs Korn genommene wissenschaftliche Überproduktionskrise ist ein durch Institutionen und Konkurrenzsituationen erzeugtes Faktum, das nicht zurückzudrehen ist. Dissertationen werden immer länger - wer sie nicht liest (und das sind die meisten) ist eher von 500 als von 200 Seiten beeindruckt. Gutachten ebenso, sie plädieren alle mit Nachdruck für eine/n Bewerber/in und geben Noten, die mit hohem dialektischen Aufwand zwischen 1.0 und 1.3 variieren und daher ihre Durchschlagskraft ebenso nur aus der Länge beziehen, nach dem Motto: Wenn ein Gutachter Zeit für zwei Seiten hat, dann hält er mehr von dem Kandidaten/ der Kandidatin, als wenn es nur eine Seite ist. Und ein Literaturverzeichnis, das 5 Erkenntnisse in 20 Aufsätze konvertiert, bringt mehr, als eines, das die gleiche Zahl in nur 10 Aufsätze ausmünzt. Denn gelesen werden die 20 meistens ebenso wenig wie die 10. 

Mein Lösungvorschlag hat einen naiven und einen avantgardistischen Teil. Der naive: Wir müssen mehr lesen. Der avantgardistische ist mit dem Begriff des "distant reading" bezeichnet, den der Stanforder Literaturwissenschaftler Franco Moretti als Analyseinstrument eingeführt hat. Basale Bewertungsmechanismen überlassen wir dem Computer, der aufgrund quantitativer Auswertungen schon einmal einen ersten Filter liefert - in den auch Bewertungen der Rezeption mit eingehen müssten. Je mehr sich die beschriebene Richtung verschärft (und das wird sie), desto mehr sind wir auf solche Vorauswahlen angewiesen. Wichtig wäre, anstatt herumzulamentieren, diesen Filter so weiterzuentwickeln, dass er auch tatsächlich greift.

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